Verena Stauffer
Schwarzer Fluss Schwarzer Fluss, Herbergsbett krummer Sorgen, um Feind und Fluch und Einsamkeit Sprühender Tau an hängenden Ufern, Brombeerranken, schwebend darüber ein Nebelhimmel Hinabsprudelnde Böschung, ins Nasse rutschende Weiden, Tannenkegel, Nattern wie Blei Anahita wispert: Im Fluss die greinenden Sorgen, verloren, allein. Legenden, Alter, Schein Spielende, plätschernde Engel? Grab der Ungeborenen, schwarze Nabelschnur der Welt In dir kollern Wünsche runder Bäuche, ein Geröll ersehnter Säuglinge der Moose Gläsern wedeln sie im glucksenden Reich aus Kieselalgen, Flusskrebsen. Macht euch davon! Ich springe hinein, angle alte Träume, spiele mit der Quelle Ball. Die Quelle wirft zurück: Ich fange. Glocken schellen. Im Wald: Gugu-cu, Gugu-cu, weise Frauen murmeln einander zu Gegenüber der Wehr hält ein Wagen, ein Mann steigt aus, Hundegebell. Der Mann blickt zu mir Es schneit dieses weiße Zeug, jemand liebt, jemand stirbt, jemand wird geboren, jemand weint jemand lacht. Die alte Freude schwimmt im Fluss, sie dringt vor in alle Klüfte, ich angle ihr nach
Daniela Chanas Besprechung des neuen Gedichtbands Ousia von Verena Stauffer, aus dem das Gedicht stammt, finden Sie unter dem Titel „Köpfe und Wort“ hier.
Aus Verena Stauffers neuem Gedichtband; Ousia, Kookbooks, Berlin, 2020. 110 Seiten, Euro 20,50