Martin Auer
Lampedusa Und hast du die Decke mitgenommen, mein Sohn, die Decke aus roter Wolle? Ich hab sie für dich gewebt, mein Sohn, dort im Norden sind kalte Nächte. Ja, Mutter, ich habe die Decke mit, die Decke aus roter Wolle. Wenn sie mich einhüllt, denk ich an dich und wie du mich immer gewärmt hast. Und hast du die Dollars mit, mein Sohn, die Dollars in kleinen Scheinen? Ich hab sie für dich verdient, mein Sohn, mit Putzen und Waschen für Fremde. Ja Mutter, ich habe die Dollars noch, die Dollars in kleinen Scheinen. Ich hab sie ins Jackenfutter genäht, direkt über meinem Herzen. Und hast du ein Heim gefunden, mein Sohn, ein Haus, einen sicheren Hafen? Hast du einen Platz, wo du bleiben kannst ohne Furcht vor Hunger und Feinden? Ja Mutter, ich habe ein Heim gefunden, hier werd ich für immer bleiben. Auf dem Grund des Meeres da liegt es sich ruhig ohne Furcht vor Hunger und Feinden. (unveröffentlicht)
Zuletzt ist von Martin Auer erschienen: Der Himmel ist heut aus Papier, Klever Verlag, Wien, 2018. 144 Seiten, Euro 18,-