Reinhard Lechner
digital native yoga am balkon morgens, schon zählt dein tracker kalorien, dann das frühstück: milch, brot, o-saft? verbot von allem bis zur steinzeit, nichts soll warm, selbst dein ei isst du roh, paleo im darm lobt die food app, so entwischt dir schon früh der tag: dein blick, er wischt und wischt am iphone, im büro die monotonie, du kennst sie als bloßes erfassen jeder tat (jeder ihre zelle in excel), während ein riss durch die wand wächst, dir zeigen will: wie alles abschirmt, wirklichkeit spart, den pflegefall daheim: mutter, bloß, in der pause kommt dir blut, weil es nicht auf sticks passt, kein server es fasst, weil es näher als daten fließt, tropft dir blut aus der nase, ach, und soll er kinder wollen, der mann den du abends matcht auf tinder? doch zunächst: wer bist du? fliehst gerne, mit bits, dopamin, wenn google dich sucht findet es die arzthelferin, findet nicht: du stiehlst dich fort aus dieser 'on'-stadt, am fahrrad durch dunkel allein ins moor, knipst maps aus, hüpfst offline über mooskissen, was dies’ back end auch birgt, ist ein wissen aus schlamm und nebel – 'zirp zirp', 'blubb' – antwort auf nichts, ein irrlicht eilt fort am schwarz draußen, sind sie frei, die leichen des orts? es gibt kein passwort zu leben, abgeschreckt mit torf. sie lacht, streckt ihre hand aus, durch die jahrhunderte hoch nach dir: moora.
Zuletzt erschien von Reinhard Lechner: Erzähl mir vom Mistral. Gedichte. Keiper Verlag. Graz. 2017. 64 Seiten. Euro 15,40