E. A. Richter
ÜBER DIE SCHULTER wer immer es ist, der mir über die Schulter schaut - ich bin es nicht. Auch nicht derjenige, der im Spiegel doppelt erscheint, kein Glatzkopf, eher verjüngt. Selbst grobe Schatten, die der Schädel verursacht, sind manipulierbar, demnach auch nicht unterworfen der Aufschluss gebenden Qualität des Sprechens und Handelns. Der hinter mir, so flüchtig wie beständig, verlässt nie sein Versteck, auch nicht seinen Ein- und Ausflussbereich, den Geruch des Ankömmlings völlig überdeckend, der einmal in einem blitzartigen Erkenntnismoment sich als die Gestalt, die ich stets hinter mir herzog, entpuppt: in einem neuen Licht als Haufen Abfall - wahres Gegenüber des verdrehten Kopfes, des Kunststücks unvorhersehbare Selbsterkenntnis, die nicht in der Luft lag. Von selbst haben sich die Straßen errichtet, von selbst alle Kreuzungen in Szene gesetzt, lautlos aus dem imaginären Verkehr. Zuletzt Einbruch von Zukunft als klebrige Dunkelheit
Zuletzt erschien von E. A. Richter: An Lois. Gedichte. Edition Korrespondenzen, Wien 2019. 112 Seiten. Euro 18,-