Raoul Eisele
du sitzt auf einer Parkbank, kommst aus dieser Stadt die dir bereits mehr Irrgarten als Vorgarten ist, sitzt da mit weißem Kranz und zählst die wenigen Münzen in deiner Hosentasche, ein paar wenige, sie reichen dir für heute aus fühlst dich verändert, nicht sonderlich, aber doch dieses winzige bisschen anders als sonst, immerhin wie immer die Trauerweide hinter dir, sie legt dir die Äste auf die Schultern, stützt dich sanft und hilft dir hoch, wenn deine Arme nicht mehr wollen zuhause dann sagt man dir, dass du wieder viel zu lange weg viel zu lange ohne Nachricht, man mache sich doch sorgen aber wer wollte dir die Freude nehmen, dieses Zählen der Münzen, das Kaufen von Brot und das Füttern dieses in die Welt werfen der Krümel, die du nicht mehr braucht, selbst nicht mehr isst wie ein Bettler, wirfst wie ein König ja, was sollte man sich denn sonst behalten statt der Freude am Leben selbst im hohen Alter, selbst im Ungeschick des lahmenden Körpers und wie sich langsam alles verändert im Herbst hüllt der Tod sich in bunte Gewänder im Winter dann trauert er in weiß und empfängt dich herzlich liebevoll wie ein alter Freund dem du endlich in die Arme fallen willst
Zuletzt erschien von Raoul Eisele: einmal hatten wir schwarze Löcher gezählt. Gedichte. Schiler & Mücke. Berlin/Tübingen 2021. 112 Seiten. Euro 16,-
Hinweis: Der Autor liest in der POESIEGALERIE 2021 am Sa 09.10. um 21:55 Uhr
ORT: ig architektur, Gumpendorferstr. 63 B, 1060 Wien
Das komplette Programm der POSIEGALERIE 2021 finden Sie hier.