Wolfgang Hermann
Der große Wald umschließt die Westflanke der Stadt von dort dringen Stimmen tief in die Häuserschluchten für die einen ist es ein Flüstern, andere erschaudern von Kichern, Scharren, Seufzen. Man ist sich einig in der Stadt, daß die Zeit der Gespenster vorbei ist. Vielleicht erklären sich die Geräusche durch die instabile Wetterlage, eine Käferplage, die große Dürreperiode. Warum sollte der Wald über der Dürre nicht ebenso verrückt werden wie die Schwachen in der Stadt? Früher hätte sich der Verdacht als böses Gerücht zerstreuen lassen. Heute lauschen Mikrofone in jeden Winkel, erspähen nie ruhende künstliche Augen jede Bewegung. So hört das Flüstern und Scharren über sensible Drähte auch, wer sonst nichts hört. Es rumort in der Stadt. Die am anderen Ende wohnen, verstehen die Aufregung nicht. Andere packen schon die Koffer. In Aufzügen, Hinterhöfen, in stillen Winkeln wird gemunkelt. Niemand weiß Genaues, doch nun heißt es, die Zeit des Handelns sei gekommen. Der letzte Weise aus dem großen Krieg versichert über Draht, der große Wald sei, anders als damals, keine Gefahr, keine feindliche Macht rücke an. Es mangle dem Wald nur an Regen, daher die unwirtlichen Laute. Doch kaum einer hört noch zu, der Furor rast von Ecke zu Ecke, von Tür zu Tür. Die Stadt bäumt schon sich auf, windet sich, und am Ende dieses Tages der Angst bleibt nur ein alter ausgesetzter Hund, der hungrig über den Platz der Himmlischen Helden humpelt.
Zuletzt erschien von Wolfgang Hermann: Herr Faustini bekommt Besuch. Roman. Limbus Verlag, Innsbruck 2021. 128 Seiten. Euro 15,-