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‖168‖

‖168‖

Helmuth Schönauer

‖168‖

Schon in der Dämmerung kommen wir / an die ukrainische Grenze / diesmal von 
der richtigen Seite / wir rollen auf dem Stumpfgleis aus / auf das uns der Regionalzug 
aus Košice gebracht hat / hier werden wir kein Zimmer mehr kriegen / weshalb wir 
gleich einen Grenzposten aufsuchen / um ihm unsere Lage zu beschreiben / er zuckt 
die Achseln wie ein  Kafka / und setzt ein Gesicht auf / das an der Grenze über Nacht 
gerne aufgezogen wird / Desinteresse flunkert aus den Augenschlitzen über der 
Kampfmaske / wir sind mit knapp  hundert Metern Seehöhe / am tiefsten Punkt der 
Slowakei angelangt / die Wachtürme gegen die Ukraine peppen die Tieflage etwas auf / 
in der Dunkelheit ist es sinnlos / nach einem  Alexander-Dubček-Denkmal zu suchen / 
der an dieser Stelle einst / von Breschnew persönlich zusammengeschissen worden 
ist / in der Umschlaganlage treffen mehrere Kohlezüge ein / ein Spürtrupp findet zwei 
Kleinkinder auf einem Kohlewaggon / verzweifelte Eltern haben sie drüben in Tschop 
auf die Kohle geworfen / damit wenigsten sie ein Leben in Freiheit hätten / ihre Gesichter 
sind schwarz

Das Gedicht „‖168‖“ von Helmuth Schönauer: Antriebsloser Frachter vor Norwegen. Prosagedicht. Austrian Beat. Lesefehler im Bordbuch. Edition BAES, Zirl 2021. 84 Seiten. Eur 14,90

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