Marko Pogačar
ÜBER DAS SCHWACHE WETTER Das ist gar kein Frühling. nur die Blüten winden sich stumpf aus ihren Kelchen und die Bienen besingen das Linoleum und den Teppich des Windes. die Luft, tief und schwer, schleicht unter die Gräser und hebt die Leiber der Mäuse an: kaum ist ein Tag vergangen, schon reißen sie den Körper auf wie einen Vorhang und verstreuen Knochen und Innereien. das ist gar kein Frühling. nur die Wasser in den Flüssen wachsen und die Speisekammern warten darauf, dass öde Neuheiten sie füllen. gelegentlich gurren Götter aus den Gräbern, wie Tauben. auch ihr Volk sticht einem anderen Volk die Augen aus, allerdings nachts, das geschieht nachts. tagsüber sprießt es und die Vögel kehren in die Stadt zurück: Drähte, schwer vom Gesang, und die Erde, fruchtbar vom Kot, schnüren die Kehle zu. Hecken kriechen zum Himmel. Kellner tragen Tische ins Freie und Fliegen fallen in die Gläser. das Grün erlernt schnell seine Sprache – das zuverlässige Vokabular der Zypressen, die Buchstaben der Buchen und Birken; sogar die Erde unter den Nägeln ist bereit zu blühen. und trotzdem ist das kein Frühling. das ist nichts. es gibt keinen Frühling ohne dich, Schluss damit Schluss mit den Lügen. Aus dem Kroatischen von Alida Bremer
Das Gedicht „ÜBER DAS SCHWACHE WETTER“ von Marko Pogačar erschien in: Schwarzes Land. Edition Korrespondenzen. Wien 2015. 152 Seiten. Euro 20,-