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Abendland im Osten

Abendland im Osten

Leopold Federmair

Abendland im Osten

Die Sonne wird gleich hinter dem großen grünen Berg verschwunden sein.
Von den Tischen unter dem hohen Dach sind wenige besetzt.
Die Sitzenden versinken in Gedanken, wer weiß in welchen Sumpf.
Das Gedudel der Lautsprecher hält sich tapfer vor der sonntäglichen Leere.
Ein sportlich gekleideter Herr umrundet zum sechsten Mal (ungefähr) den
        Parkplatz.
Auf einer freien Fläche ragt ein Schlot wie bei einer Sakebrauerei auf.
Laut Informationstafel befand sich in früheren Zeiten hier eine Sakefabrik, von der
        nichts als der Ortsname geblieben ist.
Seid freundlich zu Kindern und Rehen, wenn ihr welche antrefft!
Noch eine freie Fläche, noch ein konstruierter Stachel, der die Haut der Erde wie
        junger Bambus durchstoßen hat.
Unwillkürlich die Erinnerung an eine Autobahnraststätte, wo der Student den Wagen
        seiner Mutter parkte, eine Tasse schwarzen Kaffee schlürfte und das Gefühl
        genoß, sich auf einer Weltreise zu befinden, obwohl er an diesem Tag keine
        hundert Kilometer zurücklegen würde. Womöglich ist es dieselbe Reise, die noch
        andauert und ihn, den ewigen Studenten, an diesen Überlandbahnhof geführt
        hat.
Eine hoch umzäunte Fläche mit künstlichem Rasen als Auslauf für Hunde, die
        Windeln tragen, um das fleckenlose Grün nicht zu beflecken.
Ein kleines Schild weist den Weg zum Raucherstreifen zwischen dem hintersten
        Pavillon und dem Gitterzaun, hinter dem die steile Schräge anhebt, die die
        Landschaftsplaner in den Berg haben schneiden lassen. An der Kante 25 m
        weiter oben beginnt die Wildnis.
Die Kinderspielplätze aber sind verwaist.
Während der Geher von Runde zu Runde altert, altert der Schreiber von Satz zu
        Satz.
Die Sonne hat sich hinter den großen schwarzen Berg verzogen.
Eines Tages wird das Holz grau sein, und wieder eines anderen Tages morsch.
Die Fernfahrer machen es sich mit ihren Handys in den Kabinen bequem, nachdem
        sie sich grußlos ein Nachtmahl aus dem Automaten gedrückt haben.
Unwillkürliche Erinnerung an die Autobahnhuren (so wurden sie von den
        Einheimischen genannt) auf dem aufgelassenen & zugewachsenen Rastplatz:
        Eine war recht hübsch, mit Zugang zur Theke der Raststätte, wo die
        einheimischen Säufer lehnten.
Dieser Ort, sagt der Ort, ist familienfreundlich und soll es bleiben.
Auf einer Bodenfliese liegt ein Pommes frites-Stäbchen; auf einer anderen eine
        sanitäre Maske.
Und eine Bachstelze holpert unbekümmert durch die Luft.
Im Dämmer der Halle wartet das Reinigungspersonal auf ein Kommando, das nicht
        kommt. Der Befehlshaber, heißt es, ist mit der Sonne desertiert.
Der Parkplatz dehnt sich weiter als das Land, das man ahnt.
Der Letzte löscht dann die Symbole.

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