Katharina J. Ferner liest Eva Lugbauers faschaun / farena / fagee
Lesungen in Buchhandlung sind für Leserinnen immer etwas besonders Schönes, aber auch besonders gefährlich. Es gestaltet sich nämlich äußerst schwierig, sich vor all diesen Büchern zu verschließen, die einen an so einem Ort verlocken. Neulich verlockte mich der Einband von Eva Lugbauers faschaun / farena / fagee. Schon bei dem ungewöhnlich geschriebenem „faschaun“ bin ich neugierig geworden und stellte beim genaueren Hinschauen erfreut fest, dass es sich um einen mir bereits empfohlenen Dialektgedichtband handelte. Entgegen manchen Zweiflerinnen kann ich nämlich sagen: Es gibt sie noch, die Nachkommen der Dialektdichterinnen.
Schlägt man faschaun / farena / fageh auf fällt zuerst eine charmante Einleitung ins Auge: Die Autorin ist im Mostviertel aufgewachsen und lebt heute in Wien. 2018 erschien ihr erster Roman Und am Ende stehlen wir Zitronen im Verlag Wortreich. Sie schreibt nicht nur in verschiedenen Genres. Sie performt auch gemeinsam mit dem Musikerinnenduo zoat. Eine Ahnung, wie ihr Gedichtband klingt, gibt es hier: https://www.zoatmusik.com/faschaun-farenna-fagee
Beim Lesen dann folgt man dem wohl natürlichen Kreislauf der Liebe. Vom faschauen (verlieben) über das farena (Verlaufen) zum fagee (Vergehen). Jeder Teil wird von ansprechenden Illustrationen begleitet, die wir Katharina Zenger und Motiven von Lorenz Zenger zu verdanken haben.
Der Lyrikband wird so schnell zu einem Kunstbuch, das man gerne zur Hand nimmt, noch bevor man den Gedichten verfällt oder „fafoit“. Ja, diese Sprachspiellust ist direkt ansteckend. Die Autorin greift damit traditionelle Strömungen der Dialektliteratur auf und bringt diese durchaus launig und humorvoll in die Gegenwart.
Foto © Katharina J. Ferner
Die Wortansteckung ist sogar so groß, dass ich den Band, nachdem ich ihn gekauft habe, direkt mit zu Freundinnen nehme, wo wir den ganzen Abend damit verbringen, uns gegenseitig vorzulesen, versuchen zu entschlüsseln, was wir gerade gelesen haben, uns also komplett „fanoan“. Was Eva Lugbauer hier schafft, ist eine Verbindung von Sprachmelodie, Humor und gleichzeitig großer Melancholie. Die Feinheiten sind hör-, spür und erlebbar. In allem bleibt die klare Klanglinie enthalten. Sie ruft Wörter ins Gedächtnis wie „fablempan“ oder „fazaan“, erzählt kleine Geschichten, stellt berechtigte Weltfragen und bringt große Gefühle in wenigen Worten auf den Punkt.
ii gee und du geesd nemanaund gemma und fagemma und es heaz bumpad so füü
Es fällt schwer, ausschnittweise zu zitieren, bei all der Pointiertheit, die einen oft am Ende eines Textes erwartet. Sie sind der Sound zu verregneten Kaffeehausnachmittagen, setzen Wünsche frei, besänftigen, verklären. Faszinierend finde ich zudem, dass die Schreibweise ohne Sonderzeichen auskommt und dennoch eingängig und für ein wenig geübtere Lesende erstaunlich schnell verständlich wird. Zugegebenermaßen gehöre ich wohl zu den geübteren, aber ich verspreche, es lohnt sich, eventuelle Vorbehalte zu überwinden.
Ich entlasse euch mit dem Gedicht „fagroom“.
en deine augn en deina haud en dein boesda en da ead woxn bleamen aus dia
Eva Lugbauer: faschaun farena fagee. Literaturedition Niederösterreich, St. Pölten 2023. 192 Seiten. Euro 24,–