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Literarischer Ausflug nach Slowenien

Literarischer Ausflug nach Slowenien

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Klaus Ebner liest Berta Bojetus Worte aus dem Hause Karlstein Jankobi


Berta Bojetu wurde 1946 in Maribor geboren und starb bereits 1997 in Ljubljana. Sie hinterließ Gedichtbände, Dramen und Romane. Der Klagenfurter Wieser Verlag ist bekannt für sein Engagement für osteuropäische Literaturen, und hinsichtlich der slowenischsprachigen Literatur finden sich im Programm des Verlages seit Jahrzehnten nicht nur österreichische Slowenen, sondern auch zahlreiche Vertreter*innen Sloweniens. Berta Bojetu ist eine davon; sie schrieb in ihrer Muttersprache und bereicherte eine aus globaler Sicht eher kleine Literatur. Die deutschen Übersetzungen ihrer Texte erschienen dann in erster Linie bei Wieser.

Den vorliegenden Gedichtband Worte aus dem Hause Karlstein Jankobi übertrug Klaus Detlef Olof, geb. 1939, der als Übersetzer aus südslawischen Literaturen gut bekannt ist. Der slowenische Titel lautet „Besede iz hiše Karlstein Jankobi“ – das ist relevant, denn das Buch erschien als zweisprachige Ausgabe, wobei sich das slowenische Original jeweils auf der linken Seite befindet und die deutsche Übersetzung in direkter Gegenüberstellung rechts.

Bei Lyrikübersetzungen halte ich es für absolut sinnvoll und wünschenswert, auch das Original zu präsentieren, wie es hier geschieht. Sogar, wenn man die andere Sprache nicht beherrscht, ist es in vielen Fällen durchaus möglich, gewisse Strukturen und Rhythmen zu erkennen. Bei Bojetus Lyrik fiel mir etwa auf, dass die slowenischen Formulierungen stets kürzer sind als die deutschen, und manchmal kommen sie mir sogar rhythmischer vor.

Die drei in diesem Band versammelten Gedichte sind sehr lang, reichen über mehrere Seiten und enthalten durchnummerierte Abschnitte. Berta Bojetu verfasste vollständige Sätze, die mit allen üblichen Satzzeichen ausgestattet sind, aber in Verse umbrochen wurden. Mehrfach werden Namen genannt, literarische Figuren, die, wie Lesende aus dem Klappentext erfahren, auch in Bojetus Prosawerken auftauchen. Hier eine Strophe, die, wie alle Texte des Bandes, auf Jüdisches Bezug nimmt:

Dieses Haus ist mein.
Leise sinke ich mit der Menora zu den Räumen,
das Fremde geht weg mit den Hirten.

Und im Slowenischen lautet dieselbe Strophe – mit kürzeren und rhythmisch regelmäßigeren Versen – folgendermaßen:

Ta hiša je moja.
Tiho tonem z menorahom k sobam,
tuje odhaja s pastirji.

Melancholie und Glaube

Die Gedichte werden von einem religiösen Empfinden geprägt. Dadurch wirken sie über manche Passagen wie Gebete, Anrufungen und Bitten, bisweilen geradezu Beschwörungen. Ein gewisses Bedauern über die falschen Abzweigungen der gemeinsamen, nämlich jüdischen und christlichen Geschichte ist spürbar. Der Grundton dieser Lyrik klingt nicht zuletzt dadurch melancholisch.

Wohin,
Herr,
bis wohin,
dass ich zu sanften Pfaden komme.
Weg,
weg, dass ich dich besinge.

Berta Bojetu soll in den 1980er Jahren in ihrem Freundeskreis gesagt haben, dass sich die Haltung ihrer Mitbürger*innen gegenüber Juden seit den Pogromen des 19. Jahrhunderts nicht geändert habe. Das jüdische Thema zieht sich, wie bereits erwähnt, durch den gesamten Lyrikkomplex dieses Buches. Die folgenden beiden Ausschnitte stammen aus dem Gedicht „Das Haus“:

Das Haus ist gestorben.
Mein Haus,
längst,
damals dem Manasse,
für Baal und Aschera.
Das Haus ist gestorben, dass die Hunde nicht neiden.
(…)
Manchmal, wisst ihr,
ist irgendwo Verlassenheit
und dann kommt ihr,
dass ich euch bette.
Meine Wärme,
meine Brüder,
ist keine Bosheit
und keine Rache.

Die Autorin spielt auf biblische Mythen an, stellt diesen eine Jetztzeit gegenüber und meint auch ganz konkret das im Titel genannte Haus Karlstein. Sie spricht mit den „Brüdern“ offensichtlich kollektiv die Juden an, zeigt Empathie und Nachdenklichkeit. „Brüder“ bezeichnen schließlich viel mehr als eine Blutsverwandtschaft. Die Vergangenheit findet ihren Widerhall in diesen Versen, die mit Ruhe und Sorgfalt gelesen werden sollten, damit sie ihre Wirkung entsprechend entfalten können.

Grenzüberschreitungen

Berta Bojetu überschreitet mit ihrer Lyrik Grenzen. Grenzen zwischen den Kulturen und den Religionen, die künstlichen Grenzen zwischen Menschen, die glauben, anders sein zu müssen. Grenzüberschreitend arbeitet auch der Wieser Verlag. „Worte aus dem Hause Karlstein Jankobi“ erschien in der sogenannten Slowenischen Bibliothek. In dieser gab Lojze Wieser anlässlich der Frankfurter Buchmesse 2023 mit dem Gastland Slowenien 33 Bände heraus. Zudem ist diese Bibliothek ein Gemeinschaftsprojekt der beiden österreichischen Verlage Wieser und Drava sowie des in Triest ansässigen italienisch-slowenischen Verlages ZTT-EST.

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Alle Bücher der Slowenischen Bibliothek sind fest gebunden und mit einem Lesebändchen versehen. Als Nachspann enthalten sie ein Postskriptum des Herausgebers, das von der Bekanntmachung der slowenischen Literatur im deutschsprachigen Raum und der damit verknüpften Geschichte des Kärntner Verlages erzählt. Für die Covergestaltung wurden großformatige Arbeiten der Künstlerin Ina Riegler verwendet, und zwar jeweils ein Ausschnitt pro Buch. Legt man die Bände der Bibliothek in der richtigen Reihenfolge neben- und untereinander, dann ergeben sie das Gesamtbild.

Wirst du mich erkennen,
wenn ich tot sein werde im Regen?
Das abgewaschene Gesicht,
nass, ohne Tränen.

Josefina, steh auf,
verschütte die Beschnittenen,
dass sie nicht geboren werden.

Josefina, weine,
dass du die Mauern aufweichst,
die unseren Talenten nicht geneigt sind.

Josefina, atme in unsere Bangigkeit,
atme in den Schmerz des uralten Liebsten,
atme, ich kenne dich, du scherzest nicht.

Es sind gefühlvolle Verse mit Formulierungen, die gleichzeitig einen wörtlichen und einen übertragenen Sinn enthalten. Josefina mag für die christlich-slowenische Bevölkerung stehen, und doch ist es ein ursprünglich hebräischer Name. Das ab und an spürbare lyrische Ich scheint in seiner Position zu pendeln, mal auf der jüdischen, mal auf der christlichen Seite zu stehen; es ist ein Hineindenken in die Lage der andern oder zumindest dessen Versuch.

Das Buch ist mit 56 Seiten nicht sehr dick, zumal die eine Hälfte slowenisch und die andere deutsch ist. Dennoch scheint es mir eine wertvolle Einführung in das Werk einer vielseitigen slowenischen Autorin zu sein, und die liebevolle und sorgfältige Ausstattung des Buches trägt ebenfalls zur Lesefreude bei.


Berta Bojetu: Worte aus dem Hause Karlstein Jankobi/Besede iz hiše Karlstein Jankobi. Übersetzung: Klaus Detlef Olof. Wieser Verlag, Klagenfurt, 2023. 56 Seiten. Euro 24,–

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