Michael Stavarič
Dein Atem roch nach Tequila und einer anderen Sache, bei der ich mir nicht sicher war. Zeitgenössische Kunst schien mir noch die passendste Zuschreibung darzustellen. Deinen Drink hattest du mit Zimt garniert, mit einem Biss in ein Orangenstück besiegelt. Beschwipst hast du herumposaunt, ich sei eine Ameise, die gleich über den Mund einer Göttin krabble. Aus dem Wasserhahn im Zimmer nebenan ströme der Ozean. Ich dürfe niemals vergessen, ihn ordentlich zuzudrehen, sonst wäre es mit dem geregelten Leben in dieser Stadt schlagartig vorbei. Einmal nur habest du es verabsäumt, seist in der Badewanne eingepennt. Bis dich die ersten Wellen aufschreckten. Seltsam anmutende Fische schwammen zwischen deinen Beinen, kleine Flundern und noch kleinere Zackenbarsche. Ein Krakenarm schoss plötzlich aus dem Abfluss hervor und saugte sich an deinem Unterschenkel fest. Du habest aufgelacht, weil es kitzelte. Du hörtest Geräusche in den Wänden, als würden sich Riffhaie durch die alten Rohre zwängen, im Haus wurden unverzüglich Rufe nach Installateuren laut.
Dieses Gedicht stammt aus Michael Stavaričs: Die Suche nach dem Ende der Dunkelheit. Gedichte. Limbus Verlag, Innsbruck – Wien 2023, 60 Seiten, Euro 15,-