Simon Konttas
Sonntagsblues (rhythmisch zu singen) Die Uhren ticken sonntags anders. Die Wasserleitung tropft absurd für Menschen, die alleine leben. Die Straßen sind so seltsam leer und Zeitungsfetzen schweben knisternd in dem kalten Wind. Man fühlt sich müd und schwer und plötzlich wie ein Kind, obwohl man längst erwachsen ist. Man wartet und vermisst niemand Bestimmten – und doch klafft überall ein schwarzes Loch. Die Wasserleitung tropft absurd, die Uhren ticken sonntags anders und das Zimmer wirkt so klein. Man ist sonntags anders allein als unter der Woche. Das ist so in der großen Stadt, wo jeder einen andern hat, nur selbst am Sonntag hat man keinen … Fast möchte man weinen, wär das nicht zu dumm irgendwie. Am Abend wird’s nicht anders sein. Ist der Mensch allein, so ändert alles sein Gesicht. Die Dinge kriegen mehr Gewicht und werden eng und klein, als würde ihre Masse dichter, ja wie in einem schwarzen Loch, ich hab’s ja schon gesagt. Man hofft – zumindest noch. Und gewöhnliche Gesichter schauen sonntags anders aus, geht man endlich außer Haus, um nicht wie ein kalter Stern innerlich zu implodieren. Manchmal sind die Menschen fern. Und man geht spazieren, um die Uhren nicht zu hören und wie die Zeit absurd vergeht, die sonntags steht … und steht. Ja, die Uhren ticken anders, die Wasserleitung tropft absurd. Die Zeitung hat der Wind verblasen.
Von Simon Konttas erschien zuletzt: Der Lauf aller Dinge. Gedichte. Wien: Edition Melos, 2022