Die POESIEGALERIE stellt ihren Autor*innen Fragen zum Schreiben
Heute die Antworten von Hanne Römer
1. Schreibst du regelmäßig? Zu welchen Zeiten und an welchen Orten?
Drinnen und draußen. Im und außerhalb vom Kopf.
2. Ist Schreiben für dich eher Handwerk oder Inspiration?
Beides – vor allem: notwendig (mit Betonung auf „wendig“).
Wie passen diese beiden Pole zusammen?
Gut. Alle drei.
3. Wo findest du deine Themen? Eher in deinem Leben und unterwegs oder in Büchern und Medien?
Sie finden sich/mich, drängen herauf. Unablässig rinnt es herein – evtl. ist das Dach undicht.
4. Welche Bedingungen muss ein gelungenes Gedicht für dich erfüllen?
Es muss nichts erfüllen. Es gelingt oder nicht. Bedingungen braucht es.
Oder: Wann bist du sicher, dass ein Gedicht fertig ist?
Sehr schnell.
PS: Historische Kategorien wie Gedicht, Prosa etc. bereiten mir Unwohlsein. Ich nenne es Setzungen bzw. in meiner Bezeichnung: .aufzeichnensysteme (© 2000). Ich schreibe, wie ich zeichne = rechtzeitig absetzen und stehenlassen; in Formen, die das Schreiben/Notieren ausbildet – ein manueller Denkprozess. Bei größeren Arbeiten finden intensive Überarbeitungsprozesse statt. Dabei geht es mir um eine Systematik.
5. Trifft auf dich das Diktum zu, dass Dichter*innen Seismographen ihrer Zeit sind – und wenn ja, inwiefern? Anders gefragt: Siehst du für dich als Dichter*in eine Aufgabe in Bezug auf das gesellschaftliche Ganze?
Absolut JEIN, nämlich anders: Das Schreiben und Notieren folgt keiner Pflichtschuldigkeit, es steckt bis zum Hals (hat es einen Hals? So hat es einen Leib) drin im gesellschaftlichen Ganzen – ist’s selbst! seismograph – ein aufzeichnen-system (edition ch / Wien 2007) und schrei zum Hummel – eine art buch (Klever 2013) beschäftigten sich einst auf ihre Art mit dem Thema.
6. Kannst du mit dem Satz „Dichten ist ein brotloser Beruf“ etwas anfangen?
Ich bin keine Bäckerin.
Oder besteht in deinem Leben eine Spannung zwischen Schreiben und Einkommen?
JA.
7. Welche Autorinnen und Autoren, welche Gedichte haben dich geprägt, fürs Schreiben sowie fürs Leben?
Einige, die mir jetzt ad hoc nicht einfallen, ev. später, außer sofort: Peter Bichsel (sicherlich falsch geschrieben) = die sog. „Fabel“ „von dem Mann, der seinem Stuhl Tisch sagte“ (Vielleicht war der Titel ganz anders), traf mich einst tief. Sehr komisch, nahezu durchgeknallt (Lachanfälle bekommen aber dann gleich traurig …) und tragisch – zum Heulen – zugleich, angreifbar „eigen“ oder „eigenweltlich“ oder das Aufbegehren, Durchsetzen und Scheitern des Spielerischen beschreibend: poetisch, ernst, realistisch, sparsam, minimalistisch: deshalb ein Monument, denke ich, jetzt, wo ich drüber nachdenke.
8. Woran schreibst du gerade bzw. woran hast du zuletzt geschrieben?
Just schlägt ein Prinzip um, vom Kürzen ins Schreiben, geht, nach einer Trilogie der Kompression das erste Buch einer Trilogie der Entfaltung mit DATUM PEAK – Eine Expedition (Ritter Verlag, Frühjahr 2024) in Druck. Just schreibe/notiere ich dieses hier.
9. Gibt es eine Frage, die du dir gerne selbst stellen und beantworten möchtest?
Eine Art Frage: Und woher kam der Druck?
Eine Art Antwort: Er ist ja nicht weg. Nie.
© Hanne Römer .aufzeichnensysteme am 15. 02. 2024