Die POESIEGALERIE stellt ihren Autor*innen Fragen zum Schreiben
Heute die Antworten von Lukas Meschik
1. Schreibst du regelmäßig? Zu welchen Zeiten und an welchen Orten?
Ich habe immer ein Notizbuch in der Hosentasche, um unterwegs Eindrücke einzusammeln oder entstehende Texte weiterzudenken. Zu Hause geschieht dann das Abschreiben und Ausbauen der Notizen. Als Schreibender – und denkender – Mensch ist man immer im Dienst! Da es nicht nur eine Arbeit ist, sondern eine Art zu leben, passt das wunderbar.
2. Ist Schreiben für dich eher Handwerk oder Inspiration? Wie passen diese beiden Pole zusammen?
Es gehört beides dazu. Inspiration steht für mich an erster Stelle. Es muss einen Impuls geben, einen Funken, der etwas in einem entfacht. Die Mittel, seine Ideen umzusetzen, entstehen mit der Zeit und können sich wandeln. Ohne Schreibroutine steht man sehr nackt da, ohne Inspiration verwaltet man nur sauber eine traurige Langeweile.
3. Wo findest du deine Themen? Eher in deinem Leben und unterwegs oder in Büchern und Medien?
Überall. Bücher gehören ja zum Leben, sie sind das Leben! Genauso wie Spaziergänge, U-Bahn-Fahrten, Abende mit Freunden, Beziehungsalltag, Theaterbesuche, Reisen. Wie gesagt: Immer im Dienst.
4. Welche Bedingungen muss ein gelungenes Gedicht für dich erfüllen? Oder: Wann bist du sicher, dass ein Gedicht fertig ist?
Ein gelungenes Gedicht folgt den Regeln, die es sich selbst gibt – oder bricht sie auf erhellende Weise. Es soll also einfach in sich und für sich stimmig sein. Früher habe ich versucht, möglichst viel hinzuzufügen und hineinzuquetschen, langsam verstehe ich, dass ein Gedicht erst fertig ist, wenn man nichts mehr weglassen kann. Weniger ist mehr.
5. Trifft auf dich das Diktum zu, dass Dichter*innen Seismographen ihrer Zeit sind – und wenn ja, inwiefern? Anders gefragt: Siehst du für dich als Dichter*in eine Aufgabe in Bezug auf das gesellschaftliche Ganze?
Im Idealfall hat man als Schreibender einen Lebensrhythmus, der einem gewisse Freiräume bietet – den man nutzen kann, sich mit der Welt auseinanderzusetzen. Alles ist interessant, als neugieriger Mensch will man alles lesen, sehen, hören. Zwangsläufig erkennt man bei der Weltwahrnehmung Muster und Zyklen, oft unbewusst. Das fließt ins Schreiben ein. Eine konkrete Aufgabe oder sogar einen Auftrag gibt es nur aus einem selbst: interessante Fragen zu stellen und spannende Kunstwerke zu produzieren.
6. Kannst du mit dem Satz „Dichten ist ein brotloser Beruf“ etwas anfangen? Oder besteht in deinem Leben eine Spannung zwischen Schreiben und Einkommen?
Dichten ist so brotlos wie jeder andere künstlerische Beruf. Es ist phasenweise herausfordernd, sich Zeit und Raum zu erkämpfen, um in Ruhe zu schreiben. Die Spannung ist groß. Ich sage gern, dass ich zwar nicht immer vom Schreiben lebe – aber immer „dafür“. Mit Stipendien, diversen Nebenjobs und Nebenprojekten geht es sich immer irgendwie aus.
7. Welche Autorinnen und Autoren, welche Gedichte haben dich geprägt, fürs Schreiben sowie fürs Leben?
Handke, Bernhard und Bachmann als Leitsterne der österreichischen Literatur mit Weltgeltung haben mich ganz allgemein geprägt, daneben Paul Nizon, Paul Auster oder David Foster Wallace. Die Gedichte von Ilse Aichinger und Paul Celan bedeuten mir viel, sie entdecke ich immer wieder neu. Schreiben und Leben sind gleichzusetzen, da nehme ich mir ein Vorbild an radikaler Lebensführung – vor allem was das kompromisslose Umsetzen einer künstlerischen Vision angeht.
8. Woran schreibst du gerade bzw. woran hast du zuletzt geschrieben?
Ich beackere gerade verschiedene Baustellen. Derzeit überarbeite ich einen umfangreichen Roman, frisch entstehen kleine Essays und Kurzprosa, auch erfundene Reportagen. Und zwischendurch passiert mir ein Gedicht.
9. Gibt es eine Frage, die du dir gerne selbst stellen und beantworten möchtest?
Ja, und zwar: Gibt es eine Frage, die du dir gerne selbst stellen und beantworten möchtest? Antwort: Ja, und zwar: Gibt es … (So schließt sich der Loop. Willkommen in der Unendlichkeit!)