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Fragebogen: Georg Bydlinski

Fragebogen: Georg Bydlinski

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Die POESIEGALERIE stellt ihren Autor*innen Fragen zum Schreiben: Heute die Antworten von Georg Bydlinski

1. Schreibst du regelmäßig? Zu welchen Zeiten und an welchen Orten?

Wenn ich längere Prosatexte schreibe, schreibe ich regelmäßig – der Vormittag ist meine beste Schreibzeit, mein Schreibtisch samt Computer der übliche Ort.
In der Lyrik bin ich auf Einfälle angewiesen, die überall und zu jeder Zeit kommen können – sie werden mit Kugelschreiber auf Zetteln festgehalten und später zu Hause bearbeitet.

2. Ist Schreiben für dich eher Handwerk oder Inspiration? Wie passen diese beiden Pole zusammen?

Das Spannende ist das Zusammenspiel von beidem. Gerade bei Gedichten ist der erste Schritt für mich die Inspiration, die Überraschung, für die man sich aber natürlich bereithalten muss. Was da entsteht, wird dann mit kühlem Kopf überarbeitet.

3. Wo findest du deine Themen? Eher in deinem Leben und unterwegs oder in Büchern und Medien?

Ich schreibe fast immer mit selbsterlebtem Hintergrund, bemühe mich dabei aber, nicht „autobiografisch“ zu sein, sondern menschliche Grundsituationen darzustellen, die für alle nachvollziehbar sind. Das Selbsterlebte wird jedoch auch oft zum Sprungbrett für die Phantasie, im Text fließt beides zusammen.

4. Welche Bedingungen muss ein gelungenes Gedicht für dich erfüllen? Oder: Wann bist du sicher, dass ein Gedicht fertig ist?

Das ist eher eine Erfahrungs- und Gefühlssache. Es hilft mir aber sehr, wenn andere meine Gedichte lesen und mir Rückmeldung geben. Der kollegiale Austausch mit literarisch versierten Menschen erleichtert die Einschätzung des eigenen Texts und macht mich sicherer.

Bydlinski Georg © Birgit Bydlinski

5. Trifft auf dich das Diktum zu, dass Dichter*innen Seismographen ihrer Zeit sind – und wenn ja, inwiefern? Anders gefragt: Siehst du für dich als Dichter*in eine Aufgabe in Bezug auf das gesellschaftliche Ganze?

See Also

Wir leben in einer ganz konkreten Zeit und gesellschaftlichen Situation. Natürlich fließt das in viele Texte ein, explizit oder implizit. Man geht ja mit offenen Augen durch die Welt. Daraus darf aber keine Verpflichtung werden, „Seismograph“ zu sein. Ich stelle meine Weltwahrnehmung in meinen Texten dar und hoffe auf Anklang.

6. Kannst du mit dem Satz „Dichten ist ein brotloser Beruf“ etwas anfangen? Oder besteht in deinem Leben eine Spannung zwischen Schreiben und Einkommen?

Ich komme von der Lyrik her, mit der finanziell ja wirklich nicht viel zu erzielen ist. Ich habe aber über vierzig Jahre immer auch für Kinder geschrieben und meine Bücher bei zahlreichen Lesungen in Schulen und Büchereien vorgestellt – mit den damit verbundenen Honoraren war die angesprochene Spannung zu bewältigen.

7. Welche Autorinnen und Autoren, welche Gedichte haben dich geprägt, fürs Schreiben sowie fürs Leben?

Als Jugendlicher haben mich die Songtexte von Leonard Cohen und Bob Dylan fasziniert, aber dann auch Dichter wie Trakl und Rilke, Dichterinnen wie Busta und Lavant, Nelly Sachs. Etwas später die einfachere, gegenwartsbezogene Diktion von Poeten wie Reiner Kunze, Walter Helmut Fritz, Rainer Malkowski. Amerikanische Autoren wie Robert Bly, Robert Creeley, Gary Snyder, James Wright. Native Americans wie Joseph Bruchac, N. Scott Momaday, Leslie Silko. Viele! In der Kinderlyrik Friedl Hofbauer und Josef Guggenmos. – Und ich bleibe immer noch neugierig auf neue lyrische Stimmen.

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