Die POESIEGALERIE stellt ihren Autor*innen Fragen zum Schreiben: Heute die Antworten von Mario Huber
1. Schreibst du regelmäßig? Zu welchen Zeiten und an welchen Orten?
Ja, ich schreibe regelmäßig, an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten. Wann immer ich zumindest eine Stunde voll Konzentration und ohne Ablenkung finde. Meist ist das im Bus oder im Zug.
2. Ist Schreiben für dich eher Handwerk oder Inspiration? Wie passen diese beiden Pole zusammen?
Es ist für mich eher Inspiration. Natürlich gehört Handwerk dazu, aber in erster Linie ist es ein vorläufiger Wunsch zu schreiben. Ein Drang, der erstmal an kein Publikum denkt. Dieses ergibt sich dann in Verbindung mit dem Handwerk. Vielleicht.
3. Wo findest du deine Themen? Eher in deinem Leben und unterwegs oder in Büchern und Medien?
Nur im Leben. Alles andere ist in diesem Punkt für mich unbedeutend. Die Formen kommen von den Medien, aus der Vergangenheit.
4. Welche Bedingungen muss ein gelungenes Gedicht für dich erfüllen? Oder: Wann bist du sicher, dass ein Gedicht fertig ist?
Ein Gedicht ist fertig, wenn es fertig ist. Bis es doch nach einer Überarbeitung verlangt. Dann wird es wieder unfertig, bis es fertig ist. Und dann beginnt es von vorne. Ebenso ist es mit dem Gelingen. Meine Gedichte sind immer nur im Moment gültig, sie haben eine bestimmte zeitliche, räumliche, soziale Verortung. Wenn sich dieser Ort verändert, dann kann sich auch das Gedicht verändern … oder es wird fremd. Was es aber auch sein darf.
5. Trifft auf dich das Diktum zu, dass Dichter*innen Seismographen ihrer Zeit sind – und wenn ja, inwiefern? Anders gefragt: Siehst du für dich als Dichter*in eine Aufgabe in Bezug auf das gesellschaftliche Ganze?
Seismografen zeichnen nur auf, was man von ihnen verlangt: Erschütterungen. Dichter*innen sind gleichzeitig viel aktiver und passiver als Seismografen.
Es gibt kein gesellschaftliches Ganzes, es gibt nur einzelne Milieus, kleinteilige Übereinkünfte, Verbindungen in oder über oder neben der Zeit, Entgegengesetztes und Widersprüche. Wer das alles abbilden oder auch nur wahrnehmen kann, befindet sich weit jenseits meiner Möglichkeiten. Mit anderen Worten: Ich sehe mich nicht in dieser Aufgabe; aber ich sehe mich mit kleinen Ausschnitten aus diesem Ganzen konfrontiert, samt ihrer Engstirnigkeit und all den Stimmen, die nicht meine sind. Diese möchte ich so gut wie möglich abbilden.
6. Kannst du mit dem Satz „Dichten ist ein brotloser Beruf“ etwas anfangen? Oder besteht in deinem Leben eine Spannung zwischen Schreiben und Einkommen?
Ja, die Spannung besteht, nur habe ich sie dahingehend entlastet, dass ich als Literaturwissenschaftler durchaus von (oder durch) Dichtung finanziell leben kann. Den Anspruch, von meinen Gedichten, meinen lyrischen Produkten auf diese Art leben zu können, den stelle ich nicht.
7. Welche Autorinnen und Autoren, welche Gedichte haben dich geprägt, fürs Schreiben sowie fürs Leben?
Lyrik betreffend zumindest Erich Fried, Attwenger, Ernst Jandl, Gerhard Rühm, Kreisky, Peter Rühmkorf, Christian Morgenstern im positiven Sinn, viele andere im negativen. Ich habe angefangen zu schreiben, weil ich enttäuscht, schockiert war, was alles auf dem Buchmarkt Anklang oder zumindest eine beworbene Veröffentlichung gefunden hat. So gut kann ich das auch, habe ich mir damals gedacht. Nach vielen Jahren des Schreibens könnte das sogar stimmen, an guten Tagen. Vielleicht.
8. Woran schreibst du gerade bzw. woran hast du zuletzt geschrieben?
Im Moment schreibe ich wissenschaftliche Texte, hauptsächlich über Humor und das österreichische Kabarett. Einen Lyrikband habe ich im Frühjahr beendet, eine Veröffentlichung liegt noch nicht vor.
9. Gibt es eine Frage, die du dir gerne selbst stellen und beantworten würdest?
Nein, das ist Unsinn.