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Der siebten Poesiegalerie erster Tag

Der siebten Poesiegalerie erster Tag

von Lukas Meschik


Tag 1 / Donnerstag, 14. November, 18:00

Wie schon die letzte Ausgabe des Poesiefestivals in den Räumlichkeiten der IG Architektur beginnt auch diese mit einer Vernissage zur Transmedialen Poesiegalerie. Ausgestellt sind Werke von neun Einzelkünstler:innen (Elisa Asenbaum, Alain Barbero, Claudia Bitter, Udo Kawasser, Tex Rubinowitz, Stefan Schmitzer, Kinga Tóth, Linde Waber, Andrea Zámbori) sowie dem Künstlerinnenduo united queendoms, in bewährter Weise kuratiert von Günter Vallaster und Rhea Krčmářová. Mit leichter Verspätung aufgrund technischer Schwierigkeiten begrüßt Udo Kawasser die bereits zahlreichen Gäste und übergibt an Günter Vallaster, der in die gezeigten Werke einführt. Wir sehen etwa Miniatur-Collagen von Claudia Bitter oder Maschinenstick-Arbeiten von Tex Rubinowitz; der französischstämmige Fotokünstler Alain Barbero lichtete Schriftsteller:innen im Kaffeehaus ab, united queendoms präsentieren liebevoll gestaltete Zines, also handliche Kleinstzeitschriften. Gemeinsam haben alle Arbeiten ihren humorvollen Zugang zu Literatur und einen feinen Sinn für Ironie.

Alle Fotos © poesiegalerie

Um 18:30 startet das eigentliche Festival mit einer Präsentation von Alain Barbero, der unterstützt von der Schriftstellerin Barbara Rieger 10 Jahre seines weitgehend in Wien entstandenen Fotoprojekts „Melange der Poesie“ Revue passieren lässt. Während sich im Hintergrund stimmungsvolle Schwarzweißbilder aus Kaffeehäusern abwechseln, hören wir kurze Einlassungen der abgelichteten Literat:innen, Teresa Präauer kommt hier ebenso zu Wort wie Friederike Mayröcker; den Vortrag der französischen Übersetzung übernimmt Alain Barbero. Auch in diesem Jahr ist das Festival gut besucht, mit vierzig bis fünfzig Besuchern sind fast alle bereitgestellten Plätze besetzt.

Um 18:45 folgt eine Performance von united queendoms, die nach eigener Aussage seit 2007 „performative Forschung am Mythos vom Goldenen Westen als hegemoniale europäische Idee“ betreiben. Claudia Totschnig und Ulrike Friedl tragen – in uniforme Blaumänner gekleidet – die Sprechblasen eines ihrer Zines vor; dazu werden die zugehörigen Bilder auf die Leinwand projiziert, auch atmosphärische Klangcollagen inklusive kleiner Soundeffekte werden eingespielt. Die in Episodenform wiederkehrenden Protagonistinnen Königin Utopia und Königin Dystopia stolpern durch ein intellektuell anregendes Abenteuer, das stark politisch aufgeladen ist. Eine im besten Sinn subversive und mit liebevollen Details angereicherte Multimedia-Vorführung, die man sich wie die szenische Lesung eines alternativen Comics vorstellen kann, bei der auch an trashigen Splattereffekten nicht gespart wird, Zombie-Apokalypse inklusive. Da bleibt kein Auge trocken.

PAUSE

19:00

Kirstin Breitenfellner begrüßt zum ersten klassischen Lese-Block, spricht amüsiert von den nun folgenden „Wasserglaslesungen“. Sie weist auch darauf hin, dass in diesem Jahr bei der Einführung der Lesenden weder Geburtsjahr noch erhaltene Preise und Stipendien erwähnt werden – bestimmt eine gute Entscheidung, da solche Nebensächlichkeiten ja keinerlei Bedeutung für die Qualität des Vorgetragenen haben.

Kirstin Breitenfellner stellt Hannes Vyoral am 1.Tag der Poesiegalerie 2024 vor.

Hannes Vyoral eröffnet mit seinem in der Edition Keiper erschienenen Band frühstück wie immer – alltagsgedichte, der – wie der Name schon sagt – präzise Alltagsbeobachtungen und subtile Selbstbetrachtungen versammelt. Ein „Denken in halben Sätzen“ wird evoziert, das „zwischen Marmorkuchen und Zähneputzen“ geschieht; im Kopf „gehen Gedanken spazieren“, und zwar „wie Menschen, die sich in Halbdistanz ruhig unterhalten“.Vyorals angenehm unaufgeregter Vortragsstil überlässt es jedem und jeder beim Zuhören selbst, innere Betonungen zu setzen. Sein nicht zuletzt ums Dichten selbst kreisendes Schreiben nimmt ein.

Elke Steiner liest am 1.Tag der Poesiegalerie 2024

Elke Steiner liest aus ihrem in der Edition Lex Liszt erschienenen „Lyrik-Krimi“ mit dem Titel hast dein Federkleid gelöscht. Sie erweitert damit die Möglichkeiten der lyrischen Form oder erfindet sogar ein neues Genre. „Gehuscht aus der Nicht-Sprache“ sind da Bilder, die klar in der digitalen Welt verortet sind.

Es geht um das Internet als sozialen Rückzugsort und Dating-Apps als eifrig gestreichelte Wunderlampen für unsere Sehnsucht nach Nähe. Steiner verwebt geschickt Begriffe unserer entfremdenden Gegenwart (swipen, Tablet, Smiley, Match) mit zeitlosen poetischen Wendungen. In Streiflichtern blitzt Plotandeutung auf, zum düsteren Schauplatz einer behaupteten Gewalttat wird ein märchenhafter dunkler Wald. Umso spannender macht diese Spurensuche eines durch die Nacht sandelnden Kommissars durch die Zersplitterung der eingestreuten Handlungselemente. Es ist an der aufmerksamen Leserschaft, die Ereignisse in eine logische Abfolge zu bringen.

Zum Abschluss des ersten Lese-Blocks liest Marianne Jungmaier aus ihrem vor Kurzem im Otto Müller Verlag erschienenen Band Gesang eines womöglich ausgestorbenen Wesens, dem Illustrationen von Ursula Kiesling beigefügt sind. „Schon immer mochte ich Bäume lieber als Menschen“ heißt es da, und sofort wird klar, dass Jungmaier eine zeitgemäße Sprache für Naturlyrik gefunden hat, was auch mit der unangestrengten Einwebung englischer Passagen zusammenhängen mag. Wobei es sich nicht nur um Natur-, sondern auch um Tierlyrik handelt, die intensive Begegnungen mit Pflanzen- und Tierwelt beschreibt ohne jemals in Kitsch oder Pathos zu gleiten.

„Alte Eichen sind die Punkte / in meinem Koordinatensystem / mein Zuhause“, berichtet ein lyrisches Ich, das ein friedliches und friedensstiftendes Aufgehobensein im Reich der Blätter und Spinnen beschreibt.

Marianne Jungmaier liest am 1.Tag der Poesiegalerie 2024

Ein harter, und dabei sehr anregender Kontrast zur vorherigen Lesung, die uns in die grellen Bildschirme der unersetzlichen Devices hat starren lassen. Es macht ruhig, Jungmaier zuzuhören, und es weckt Lust auf einen aufmerksamen Gang in die Natur – mit geschärften und entsicherten Sinnen, um das, was als Wirklichkeit allseits wächst, auch wirklich wahrzunehmen. „Baumwipfelweit fällt der Blick / ins Insektengetümmel“. Gebanntes Lauschen.

PAUSE

20:00

Bettina Balàka liest aus ihrem im Haymon Verlag erschienenen Band Die glücklichen Kinder der Gegenwart, der Gedichte und Kurzprosa versammelt. Ihr gelingt darin ein umfassender Rundblick über Sinn und Unsinn des modernen Alltagslebens und einige zivilisatorische Baustellen. „Die Sumpflacke ist wieder da / Und heißt Naturteich“ oder „Die Reisen sind weg / Der Tourismus ist da“. In heiterem, nie larmoyantem Ton seziert Balàka vermeintliche Verwandlungen, die sich bei genauerer Betrachtung als plumpe Umbenennungen und Verkleidungen entpuppen, sie erkennt perfide Umetikettierung auch dort, wo sie einem nicht sofort ins Auge sticht, im politischen und ökonomischen Kontext. „Die Brücken der Selbstoptimierung sind abgebrochen“ – viele der vorgetragenen Gedichte darf man als leidenschaftlichen Abgesang auf unsere krisengeile Lebensgestaltung verstehen, bei dem einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Balàka formuliert den phantasierten Wunsch, dass einen „Menschen nach neunzig Sekunden mögen“. Nun, ihr selbst ist es mit dieser hochverdichteten, schmerzhaft wahrhaftigen Lyrik heute Abend jedenfalls gelungen.

Es folgen zwei Autorinnen mit ihren jeweils bei fabrik.transit erschienenen Gedichtbänden. Den Anfang macht Annett Krendlesberger mit DALIEGENDE. UNBEWEGT, das sich einer Mischform aus Lyrik und Prosa bedient. Ein lyrisches Ich besucht einen ans Bett gefesselten, nicht mehr zur Antwort fähigen Körper und spricht einfühlsam auf ihn ein. „Das Leintuch vom Speichel nass“ – in sanfter Sprache lässt die Autorin eine Krankenhaus- oder Pflegeheimszene entstehen, die an existenzielle Abgründe führt. „Die Semmel schwimmt im Wasser / Saftig und weich“ – Bilder, die ins Draußen führen, jedoch: „Der Schwan isst sie nicht“. Es sind vermeintlich kleine, dafür umso eindrücklichere Szenen, in denen Krendlesberger mit wenig Aufwand große Wirkung erzielt.

Geraldine Gutiérrez-Wienken stammt aus Venezuela und lebt in Heidelberg. Ihr ebenfalls bei fabrik.transit erschienener zweisprachiger Band Die Stille ist ein Tänzer versammelt titellose Gedichte, die von Astrid Nischkauer aus dem Spanischen übertragen wurden. Die Autorin erzählt davon, wie sie sich gestern in Wien verlaufen habe und zieht Parallelen zu einer ähnlichen Begebenheit in Bogotá – dem sie ein Gedicht gewidmet hat:

„Mir schwirrt so viel im Kopf herum / Dass es mich überrascht / Dich nicht darunter zu sehen.“ Gutiérrez-Wienken trägt die deutschen Versionen vor, also die Neudichtungen ihres Werks – so spricht sie auch von „unserem Buch“ als Gemeinschaftsprojekt von Urheberin und Übersetzerin. Die sehr persönlichen Texte verhandeln Prozesse der Entwurzelung, begleiten eine in und mit Sprache lebende Person beim Wechsel des Sprachraums.

Geraldine Gutiérrez-Wienken liest am 1.Tag der Poesiegalerie 2024

Zum Abschluss hören wir ein und dasselbe Gedicht erst auf Spanisch, dann auf Deutsch, was einen besonderen Hörgenuss darstellt.

PAUSE

See Also

21:00

Nächster Programmpunkt ist eine Premiere für die Poesiegalerie: In Kooperation mit dem Vienna Poetry Film Festival wird der Poetryfilm Repeat von Sigrun Höllrigl und Mersolis Schöne gezeigt. Der experimentelle Kurzfilm schafft einen Begegnungsraum zwischen Höllrigls Gedicht „licht ins grün“ und der indischen Schauspielerin und Aktivistin Savita Rani, deren ausdrucksstarkes Gesicht als Grundfläche der eingesprochenen Poesie dient. Musik und Klangkomposition stammen von Michael Fischer, die Stimmen sind jene von Christian Reiner und Apollina Smaragd.

Der aus Bern stammende Franz Dodel liest aus seinem lyrischen Langzeitprojekt Nicht bei Trost, das er seit 2002 täglich erweitert. Ursprünglich als reine Internetarbeit gedacht, erscheint es seit 2004 etappenweise in Buchform in der Edition Korrespondenzen. Sein imposantes Kettengedicht oder Endlos-Poem in einer an Haiku angelehnten Form mit 5 – 7 – 5 -7 Silben verbindet Alltagsbeschreibungen mit philosophischen Betrachtungen, aus der heimeligen Küche geht es innerhalb weniger Zeilen ins Universum. „Ich bin voller Absicht“, liest Dodel, und vergleicht sich mit einem aus der Eiszeit übriggebliebenen Felsblock. Der Autor erzeugt einen mit Zitaten und literarischen Bezügen angereicherten Sprachfluss, dem man sich nicht entziehen kann. Man könnte ihm ewig zuhören.

Die gebürtige Klagenfurterin Evelyn Bubich liest nicht aus einem einzelnen Buch, sondern spendiert der weiterhin höchst aufmerksamen Zuhörerschaft ein Potpourri von Gedichten aus unterschiedlichen Entstehungszeiträumen. „Ich kann meine Füße nicht spüren“, bekennt ein lyrisches Ich in wortkarger Zweisamkeit, und: „Du heftest deine Ängste an unser Haus“. Bubich erweist sich nicht nur als gewitzte Beobachterin miterlebter Reiseszenen, sondern auch als wortstarke Bebilderin bedrückender Alltagsmomente und Beziehungsfragmente, so etwa im kompakten Liebesdrama „Mondbeeren pflücken“. Sicher im Rhythmus und verspielt in den Wortschöpfungen findet sie Sprache für Dinge, wo sie anderen wegbleibt. Allein die Titel sind überaus sprechend und prägnant, erwähnt sei etwa noch ihre „Liebeserklärung an einen Fuß“.

Max Aichmair liest zum ersten Mal bei der Poesiegalerie, und zwar einen in der Literaturzeitschrift Perspektive erschienenen komplexen, an der verschwimmenden Grenze zur Prosa angesiedelten Text. In avantgardistischen Wiederholungsschleifen erfahren wir von einer abstrakten Konstellation, mehrere Menschen hocken beisammen und sehen einen Film. Aichmair beschreibt akribisch die inneren und äußeren Verflechtungen. „Aufmerksame Zusehende wissen bereits, dass sich bald etwas ändert. Jetzt sitzen alle aufgeregt vor dem Bildschirm, weil sie wissen, dass sich bald etwas ändern wird, vielleicht sogar für sie.“ Mit großer Lust an ausufernder Beschreibung erzählt er von einem Filmdreh in bedrohlicher Ekstase, gegengeschnitten mit der angeregten Diskussion über das Gesehene. Der schwungvoll vorgetragene Text versprüht subtilen Humor, der wohlig erfrischt.

PAUSE

22:05

Der in Graz lebende Stefan Schmitzer liest aus seinem im Ritter Verlag erschienenen Buch loop garou – invokationen, bei dem es sich um den Nachfolgeband von liste der künstlichen objekte auf dem mond handelt. Schmitzer ist nicht nur langjähriger Mitstreiter bei der Poesiegalerie, sondern auch Herausgeber der an diesem Abend bereits vorgestellten Literaturzeitschrift Perspektive. „Zirp – Zirp – Raschel – Zwitscher“ wiederholt er in der Vorrede des Bandes, den er als multiple Beschwörung des magischen Denkens charakterisiert. Es sind moderne Anrufungen und Zaubersprüche, die Schmitzer mit professoral tiefergelegter Brille in großem Tempo und teils verstellter Stimme deklamiert. Von einem „Zeitraffermann“ erzählt er ohne Atempause mit zunehmender Luftknappheit. Schmitzer ist ein geübter Performer und hat sichtlich Freude daran, in die Sprechweisen seines poetischen Stimmengewirrs zu schlüpfen.

Es folgt Frieda Paris mit Nachwasser, erschienen in der edition AZUR bei Voland & Quist. Der in der Sparte Debüt für den Österreichischen Buchpreis nominierte Band ist eine Anrufung der „großen Wortmutter“, bei der es sich um die 2021 verstorbene Friederike Mayröcker handelt. Paris begibt sich auf eine Expedition in fremde Überbleibsel, durchforstet akribisch den Nachlass im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, mit besonderem Augenmerk auf die „Rückseiten“ der Postkarten, Erlagscheine, Schmierzettel – aber auch des anderen und eigenen Lebensverlaufs, der sich aus bruchstückhaften Kindheitserinnerungen speist. In einhundertelf fein komponierten Abschnitten wohnen wir der Geburt eines poetischen Werks bei, wir „lauschen“ dem Zweifel und haben Teil am Austesten und Verwerfen von Ideen. „Die Quellen sollen sprudeln im Text“, heißt es da heute. Mit sicherer Stimme liest Paris ihre fragmentarischen Passagen, die in ihrer gewissenhaften Komposition eine unauflösliche Verbindung eingehen; sie erzeugen einen ganz eigenen Sound, in dem man sich sehr zuhause fühlt.

Langsam nähern wir uns dem Ende dieses so erfreulichen und abwechslungsreichen Abends. Mit Semier Insayif biegen wir in die letzte Kurve ein. Er liest aus seinem bei Klever veröffentlichten Band ungestillte blicke oder vom bebildern eines kopfes und beschriften desselben. Im Pausengespräch verriet Insayif dem Protokollanten, dass er selbst noch nicht genau wisse, was er lesen – oder ob er denn überhaupt lesen werde. Zuzutrauen wäre ihm ja, dass er spontan zu Gesängen anhebt, das Publikum ist dementsprechend gespannt. Er liest dann doch, in seinem markanten, wiegenden Singsang. „Ist ein Blick eine Frage?“, fragt Insayif und entschlüsselt zwei Menschen als „Reibungsskizze“, wechselt phasenweise in kehlig gehauchtes Arabisch, das reine Musik ist. Es „gehen Körper verloren“ und es wird „ein Stein aus Stein gebaut“, ein „heruntergekommener Himmel erzählt sich selbst.“ Insayif ist Bildern auf der Spur, die unser Weltbild prägen, er begibt sich auf die Fährte von Duchamp, Dalí, Giacometti, Schiele, Picasso und anderen mehr. Was er findet, ist sprachgewordene Bilderfahrung. Und gesungen – wird dann doch! Plötzlich erklingt sphärischer Obertongesang wie vom klagendsten Muezzin. Insayif in seinem Element.

Mit nur unerheblicher Verspätung biegen wir endgültig in die Zielgerade ein. Die frisch gebackene Preisträgerin des Meraner Lyrikpreises Tamara Štajner liest die dort ausgezeichneten Gedichte und damit den Zyklus Balkan Ultra. Wir begleiten sie in verdichtete Kindheitserinnerungen – oder doch eine Erinnerungskindheit, die erst im Dichten zur Welt kommt? Štajner – auch als Musikerin aktiv – pfeift Vogelstimmen nach, breitet in zurückgenommenem Ernst ihre raue Familienlandschaft aus. Tito kommt vor, Willkür und Terror, und „gegenseitiger Verrat“ als „letzte Hoffnung auf kürzere Haft“. Schusswunden klaffen, jahrein und jahraus wird gefoltert, Ratten rascheln durch die Zeilen – es geht in dieser Lyrik um etwas, und dadurch zwangsläufig um Dinge, die man sich nicht ausgesucht hat: Entsagungen, Verdunkelung, Verrohung. Wo Geheimnisse verraten werden, wechselt Štajner in vielsagendes Flüstern. Wir sind dem Erzählten ganz nah – näher, als wir ihm aus anderem Mund gekommen wären. Die Sprache ist hart, stark und klar – und unergründlich wach.

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