Martin Auer
Ich bin eine Nixe, sagt sie Ich bin eine Nixe, sagt sie, ich komm durch die Wasserleitung. Meine Familie zog aus dem Süden herauf in die Stadt. Meine Familie wohnt in einem Aufzug im achtzehnten Postbezirk. wenn sie beim Frühstück sitzen, tunkt immer der Zahnarzt aus dem zwölften Stock seinen Mantel in ihren Kaffee. Und im Stadtpark ist es so hell heut, die Luft ist wie Silber. Und Baby kriegt Eiskrem und bekommt einen Erstickungsanfall. Und eine kleine fliegende Kamera macht Fotos von uns mit rosa Schleifchen. Und der Brezelmann geht Pleite vor unsern Augen. Das sind vielleicht herrliche Zeiten, sagt sie, für alles gibt es Gratisgutscheine. Und gestern hab ich mich versichern lassen gegen Todesangst und Melancholie. Und alle haben jetzt Telefon im Auto, eine Kreditkarte und eine Versicherungsnummer. Und sogar die Polizisten tragen Lebkuchenherzen im Haar. Ich bin eine Nixe, sagt sie, ich kann nicht ertrinken. Aber immer, wenn ich Goldfische seh, wird mir ganz furchtbar schlecht. Und vielleicht bricht morgen der Frieden aus, dann gehn wir ganz groß einen saufen. Und vielleicht bricht er nicht aus, aber das erfahrn wir dann schon.
Zuletzt ist von Martin Auer erschienen: Der Himmel ist heut aus Papier. Gedichte. Klever Verlag. Wien 2018. 144 Seiten. Euro 18,-