Hermann Niklas
Wieselburg als Ort Den man sich erst erschaffen muss Mit bloßen Blicken im Dunkel Man glaubt das Weiße fremder Augen zu sehen Mit bloßen Händen und Kompost Mit zu kleinen Stücken gebrochener Sprache Die man glatt streicht Und sich dabei die Finger aufreißt Ich sitze mit drei Musikern im Raum Und wir wollen etwas anders machen Das ist mein Ort Orte schafft man in einem dunklen Raum In dem jemand sagt Licht aus Augen zu Sag was du siehst Höre genau hin was siehst du sag es Orte sind Bühnen dunkle Räume Bilder von etwas das man dachte besessen zu haben ich höre Musik eine im Kopf nicht absehbare Abfolge von Tönen ein tönender Körper einer Stadt wohnt im Kopf eine Leerstelle die etwas freihält eine Buchhandlung mit Angst vor Geschichten vor etwas Wertvollem ein vorsichtiger Leser von Büchern voller Orte die Angst Orte zerstören zu müssen da man aus einem Ort stammt der zerstört sich seine Struktur sein Ich weil er Stadt ist die 100jährige Frau erzählt wie das Licht gekommen ist alle Kerzen wurden weggeräumt hat die Dunkelheit nicht mehr gesehen nur was man wollte hatte Hoffnung noch keine Zeitarbeiter die Sklaven drehen an eigentümlichen Uhren ziehen den Beton über Felder ersticken asphaltierte Geschichten wir sitzen in der Sonne von der Eis tropft genießen die vorbeifahrenden Autos Untergang versteckt sich hinter Plakatwänden die Viehhalle ist sehr still kein Wind geht in Wieselburg kein Glockenschlag in der Prüfanstalt stehen alte Maschinen sie sind gereinigt stehen still im Oktogon stehe ich als Kind im Pfarrhof stehe ich wo Altes ist stehe ich mein Befremden ist ein Staunen dass es diese Stadt gibt die Filme fließen unter mir durch während ich Billiard spiele dort wo Prostituierte wohnen trinke ich Schweppes Bitter Lemon ziehe an einer Zigarette und bin ein altes Ich
Zuletzt erschien von Hermann Niklas: Wetter. Gedichte. Limbus Verlag, Innsbruck/Wien 2020. 96 Seiten. Euro 15,-